Kammerpräsident Rudi Müller (l.) bei der Urkundenübergabe an Annika und Stefan Goebel (r.) im Betrieb
Karl-Heinz Schwall
Kammerpräsident Rudi Müller (l.) bei der Urkundenübergabe an Annika und Stefan Goebel (r.) im Betrieb

"Lehrling des Monats": Elektronikerin Annika Goebel aus OrenhofenVon der Mädchenschule zur Männerdomäne

Die Handwerkskammer (HWK) Trier hat Annika Goebel zum "Lehrling des Monats" ausgezeichnet. Die 18-Jährige hat bereits eine sehr klare Vorstellung von ihrer Zukunft: Sie will Elektronikerin werden und ihrem Vater im Betrieb zur Seite stehen. Vom Hauptverteiler bis zur Satellitenanlage ist die energiegeladene Auszubildende schon im Einsatz. Annika arbeitet daran, ihren Plan in die Tat umzusetzen – und schneidet daher in der Ausbildung hervorragend ab.

 

Eigentlich schwebte ihr ein ganz anderer Beruf vor. „Etwas mit Textil oder vielleicht BWL studieren“, erzählt sie. Stefan Goebel, selbständiger Elektroinstallateurmeister, wollte seiner Tochter bei der Entscheidung Zeit lassen, denn ihre Wahl sollte wohlüberlegt sein. In den Ferien half Annika im Lager aus und begleitete ihn gerne auf Baustellen sowie Messen. Als sie ihre Zukunft klar vor Augen hatte, erfuhr ihr Vater als einer der ersten davon: „Ich will Elektronikerin werden. Nach der Ausbildung mache ich meinen Meister und möchte dann mit in die Betriebsleitung einsteigen."

 

Also ging Annika nach der 10. Klasse von der Oberschule ab, um ihren Plan anzugehen. Mittlerweile ist sie im dritten Lehrjahr. Im Familienbetrieb behauptet sich die auszubildende Elektronikerin für Energie- und Gebäudetechnik neben fünf Monteuren. Der Wechsel vom Mädchengymnasium in eine Männerdomäne war für die junge Frau aus Orenhofen zunächst „eine riesige Umstellung. Am Anfang war es schon komisch, in der Schule und im Betrieb fast nur Männer um sich zu haben. Die sind im Umgang viel direkter als Frauen, ohne Gezicke. Heute empfinde ich das als normal, und ich fühle mich von den Jungs akzeptiert.“ Im elterlichen Betrieb zu lernen, ist für Annika auch kein Problem: „Wir kommen uns dabei nicht ins Gehege.“

 

Annika mag Herausforderungen. „Elektroniker ist ein anspruchsvoller Beruf“, findet sie, „nicht nur Schlitze klopfen auf dem Rohbau. Dazu gehört es auch, Materiallisten zu erstellen, Stromlaufpläne zu zeichnen, Schaltungen aufzubauen und Anlagen in Betrieb zu nehmen.“
Auf Baustellen hat sie schon verantwortungsvolle Aufgaben, vom Keller bis zum Dach: Die Montage von Hauptverteilern, Wärmepumpen und Energiespeichern etwa oder das Installieren von Satellitenanlagen. Wie in jedem Haushalt fällt auch zu Hause hin und wieder etwas an, „zum Beispiel die VDE-Messung“, so Annika. Mit ihren Eltern und einem jüngeren Bruder wohnt sie in einem umgebauten Bauernhaus.

 

Die Elektronikerausbildung ist immer wieder „spannend“ – im doppelten Sinn. Keine Angst vor Strom? Als angehende Fachkraft und Unternehmerkind, das mit der Materie aufgewachsen ist, drückt sie es so aus: „In einem Gefahrengewerk muss man immer achtsam sein. Mittlerweile weiß ich, was geht und was ich mir zutraue.“ Was Elektroniker laut Annika außerdem draufhaben sollten: „Logisches Denken sowie diszipliniertes und ganzheitliches Arbeiten.“

 

Auch in der Berufsschule glänzt Annika mit guten bis sehr guten Leistungen. Die dreieinhalbjährige Ausbildung will sie daher um sechs Monate verkürzen. „Es ist ein gutes Gefühl, in jungen Jahren die Zukunft so klar vor Augen zu haben. Darauf kann ich aufbauen“, sagt sie. Sie ist sicher, dass ihr Ehrgeiz sich auszahlen wird: „Dem Betrieb geht es gut. Daher wollen wir uns vergrößern.“

 

Privat gibt Annika ehrenamtlich bei der DLRG in Speicher Schwimmunterricht. Außerdem ist sie Mitglied beim Pfadfinderstamm „Quo Vadis“. Zu Hause kann sie besonders beim Nähen abschalten. Sie fertigt gerne Taschen, Kleider und Bettbezüge an. Das hat sie sich bei ihrer Uroma, einer Schneiderin, abgeschaut. Ihr größtes Vorbild sei jedoch, so Annika, ihr Großvater mütterlicherseits. „Opa Peter“, Maschinenbauermeister und Industriemeister für Maschinen- und Gerätebau, habe seinerzeit die Ausbildungswerkstatt der GKN Walterscheid GmbH im Trierer Hafen mit aufgebaut, berichtet Annika. „Er war sogar bei der HWK-Ausbildungsbörse 'Chance Handwerk' an unserem Stand mit dabei. Überhaupt: Wo Handwerk ist, ist er bei der Sache. Ohne Handwerk läuft halt nichts.“