
Publikum von der Vielfalt überrascht Chance Handwerk
Geschickt und konzentriert richtet Florence eine Schieferplatte zu. Mit dem Schieferhammer arbeitet sie langsam eine Herzform heraus. Das macht sie nicht nur gut, sondern auch zum ersten Mal. Bei den Fliesenlegern war sie am Vormittag auch schon. Dort hat sie eine Fliese zugeschnitten – unter den Augen ihres Freundes, der frischgebackener Fliesenlegergeselle ist. Gemeinsam besuchen sie die HWK-Ausbildungsmesse „Chance Handwerk“. Florence geht bald von der Schule ab und weiß noch nicht, wo es danach für sie beruflich hingehen soll. Der Messebesuch soll ihr bei der Entscheidung helfen. „Das ist hier ein super Angebot“, findet sie. „Alle sind engagiert und hilfsbereit. Macht richtig Spaß!“ Ihr Begleiter Noah weiß, wie richtig und wichtig es ist, dass mehr junge Leute den Weg ins Handwerk finden: „Viele wollen studieren und nur wenige ins Handwerk. Das muss wieder ins Gleichgewicht kommen. Wer soll sonst die Universitäten bauen?“
In der Lehrwerkstatt nebenan wirbt HWK-Ausbildungsbotschafterin Charlotte Federmann in traditioneller Tischlerkluft für ihr Handwerk. Sie ist überrascht über die vielen Besucherinnen und Besucher. Die Auszubildende freut sich über das rege Interesse. „Meistens sprechen mich zuerst die Eltern an. Ihre Kinder brauchen eine Weile, bis sie sich selbst ins Gespräch einbringen.“ Charlottes Schulzeit liegt noch nicht allzu lange hinter ihr. Daher kennt sie die Verunsicherung und Orientierungsprobleme vieler junger Menschen, die vor der Berufswahl stehen. Sie selbst hat ihren Weg gefunden: „Nach meinem Bachelor in Kunstgeschichte mache ich nun eine Tischlerlehre. Ich will Handwerk und Studium verbinden und Restauratorin im Handwerk werden.“ Sie rät Jugendlichen: „Ein Studium ist nicht der einzige Weg zum Erfolg. Auch eine Ausbildung im Handwerk kann euch sehr weit bringen!“
Anastasia aus Trier besucht die Messe mit ihren Eltern. Die 16-Jährige Tochter eines gelernten Metallbauers und einer Schneiderin geht nächstes Jahr von der Schule ab. Wie viele Messebesucher ist die Familie von der Vielfalt an Informationen und Mitmachaktionen überrascht. Welche Angebote sie und ihre Tochter bei „Chance Handwerk“ besonders interessieren? Die Antwort spricht für die Messe: „Wir wollen hier so viel wie möglich sehen und kennenlernen, am besten alles!“
Am Stand von Elektro Goebel rühren Annika Goebel und ihr Bruder Johannes die Trommel. Die Jungmeisterin und der Auszubildende im dritten Lehrjahr freuen sich über das große Interesse des Messepublikums. „Viele sind mit gezielten Fragen auf uns zugegangen. Wir sind mit der Resonanz zufrieden und haben gute Kontakte geknüpft“, sagt Annika Goebel, die an diesem Tag auch einige Unterlagen für ein Praktikum ausgehändigt hat. „Es kommt auch gut an, dass wir hier als Bruder-Schwester-Gespann einen Familienbetrieb vertreten.“
Mitbewerber Nicolas Schneider sucht zum kommenden Ausbildungsjahr drei bis vier Lehrlinge. Im vergangenen Jahr hat er über Chance Handwerk einen Lehrling gefunden. Zwei Praktikumsplätze hat er diesmal auf der Messe vergeben. „Wir haben hier viele gute Gespräche geführt, die vielversprechend sind“, sagt der Juniorchef. Viele Kontakte hatte auch Patrik Sobecki von Seitz Industriebau in Speicher. „Ich bin froh, dass wir uns hier präsentieren können“, sagt der Ausbilder. Sechs Azubis beschäftigt der Betrieb derzeit. „Um Lehrlinge zu finden, sind wir auch auf Social Media unterwegs. Aber auch die persönliche Ansprache auf Messen ist wichtig, um sich als attraktiver Arbeitgeber vorzustellen.“
Früher konkurrierten Schulabgänger bei den Betrieben um eine Lehrstelle, heute ist es umgekehrt. „Damals hatten wir rund 100 Bewerbungen auf dem Tisch“, sagt Jürgen Hamm, Ausbilder bei der Löhr-Gruppe, Audi-/VW-/Skoda-Zentrum, am Standort Trier. Dort werden auf verschiedenen Wegen Lehrlinge in den Bereichen Kfz-Mechatroniker, Karosseriebauer- und Fahrzeugbaumechaniker sowie Fahrzeuglackierer gesucht. Bei „Chance Handwerk“ präsentiert sich die Löhr-Gruppe zum ersten Mal. „Wir bewerben unser Lehrstellen auch in Schulen, Printmedien und auf Social Media“, sagt Hamm. „Man muss sich bewegen und dahin gehen, wo die Jugendlichen sind.“